Interview HUMOR HILFT HEILEN mit Irene Pfaff, Senior Expertin Data Analytics & Content Great Place to Work® (GPTW)
Jährlich zeichnet Great Place to Work®, Forschungs- und Beratungsinstitut zur Erforschung und Weiterentwicklung von Unternehmens- und Arbeitsplatzkulturen, die ‚Champions in den Branchen- und Regionalwettbewerben‘, darunter auch jene in der Rubrik „Beste Arbeitgeber Gesundheit und Soziales“, aus. Bereits seit vielen Jahren verbindet HUMOR HILFT HEILEN und Great Place to Work® eine Kooperation – unter anderem in Form gemeinsamer Forschungsprojekte rund um das Thema Humor.
Von Irene Pfaff, Senior Expertin Data Analytics & Content bei GPTW, wollten wir nun genauer wissen, welche Rolle Humor für die Mitarbeitenden-Zufriedenheit und eine positive Unternehmenskultur spielt?
HHH: „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen“, „Wer lacht, hat noch Luft“ – solche Redewendungen weisen darauf hin, dass Humor und Spaß in Deutschland traditionell eher nicht in Verbindung mit einer positiven Unternehmenskultur stehen. Was sagen die Befragungen hierzu?
Irene Pfaff: Seit über zwanzig Jahren befragen wir Unternehmen im Rahmen unserer Benchmarkstudie zu diversen Themen rund um ihre Unternehmenskultur. Der Aspekt „Spaß bei der Arbeit“ ist ein fester Bestandteil der Befragungen. Auf der Datenbasis von über 300.000 Mitarbeitenden, die wir zwischen 2019 und 2023 ermitteln konnten, können wir sagen, dass fast 60% der Befragten angeben, Spaß bei der Arbeit zu haben. Interessant ist, wie diese Mitarbeitenden andere Aspekte ihrer Unternehmenskulturen erleben – im Gegensatz zu den Befragten, die wenig Spaß bei der Arbeit erleben.
Wenig überraschend ist, dass jene, die bei der Arbeit Spaß empfinden, ein deutlich positiveres Arbeitserleben haben und ihren Arbeitgeber auch wesentlich häufiger weiterempfehlen. Alles in allem sind diese Befragten mit ihrem Arbeitsplatz deutlich zufriedener als jene, die wenig Spaß bei der Arbeit haben. Spaß bei der Arbeit und eine humorvolle Arbeitsumgebung kann sich positiv auf die psychische und emotionale Gesundheit auswirken. Es besteht also ein wichtiger Zusammenhang zwischen einer ausgeprägten Vertrauenskultur und Spaß der Mitarbeitenden bei der Arbeit.
HHH: Ein Extrakt von 3 Fragen zum Humor-Erleben ist optionaler Bestandteil der Mitarbeiterbefragung in allen Unternehmen. Dieses Modul können Unternehmen wählen, wenn sie mehr über die Humor-Kultur in ihrem Unternehmen erfahren möchten. Welche Dimensionen von Humor wurden hier abgefragt?
Irene Pfaff: In unserem Modul „Humor“ fragen wir zunächst inwiefern die Mitarbeitenden Humor nutzen, um sich gegenseitig zu unterstützen. Zudem möchten wir wissen, ob sie miteinander und nicht übereinander lachen. Auch beim Thema Humor spielen die Führungskräfte eine wichtige Rolle. Daher erfassen wir, ob die Führungskräfte einen guten Sinn für Humor haben.
HHH: Welche Befragungsergebnisse können Sie mit uns teilen?
Irene Pfaff: Zum einen haben wir in 2022 eine repräsentative Umfrage mit gut 1.200 Befragten aus unterschiedlichen Branchen und Unternehmensgrößen durchgeführt. 2023 haben über 1.000 Mitarbeitende diese Fragen beantwortet. Jeder einzelne dieser Aspekte einer humorvollen Arbeitsplatzkultur erhält von knapp zwei Dritteln der Befragten eine Zustimmung. Und auch in der Repräsentativstudie zeigt sich: Mitarbeitende, die ein hohes Humor-Erleben empfinden, nehmen die Team- und Führungskultur ihres Unternehmens deutlich positiver wahr. So sind sie wesentlich häufiger der Ansicht, dass sie auf der Arbeit authentisch sein können, sich die Kolleg:innen umeinander kümmern und man sich grundsätzlich aufeinander verlassen kann. Zudem sind diese Mitarbeiter:innen der Meinung, dass die Führungskräfte kompetent sind, aufrichtiges Interesse an ihren Kolleg:innen zeigen und eine konstruktive Haltung zu Fehlern haben.
Mitarbeiter:innen mit einem hohen Humor-Erleben haben zudem deutlich häufiger angegeben, dass sie auf der Arbeit ihre beste Leistung erbringen können.
Zum anderen gibt es viele Kunden, die im Rahmen ihrer Great Place to Work® – Befragung diese drei optionalen Fragen zum Thema Humor ausgewählt haben. Unsere Wettbewerbsteilnehmer sind typischerweise Unternehmen, die bereits eine gute bis ausgezeichnetes Vertrauenskultur etablieren konnten. Daher ist es nicht verwunderlich, dass hier die Zustimmungswerte dieser drei Fragen wesentlich höher ausfallen. So geben über 85% der Antwortenden die Rückmeldung, dass sie miteinander lachen und Humor nutzen, um sich gegenseitig aufzubauen und zu unterstützen. Auch die Frage nach dem guten Sinn für Humor der Führungskraft erreicht nur leicht geringere Zustimmungswerte.
HHH: Zusammenfassend kann also festhalten werden: Wer ein Problem mit seiner Unternehmenskultur hat, der muss nur positiven Humor fördern!?
Irene Pfaff: So einfach ist es leider nicht. Es handelt sich ja bei den beschriebenen Zusammenhängen lediglich um Korrelationen und nicht um Kausalzusammenhänge: Wir können aus den Daten nicht ablesen, dass all diese Effekte durch eine positive Humor-Kultur verursacht werden. Doch wir können sagen, dass verschiedene Aspekte der Vertrauenskultur signifikant mit dem Humor-Erleben und dem Spaß bei der Arbeit zusammenhängen. Humor kann ein Vermittler zwischen den Herausforderungen des Berufslebens und einer starken Vertrauenskultur sein.
Wenn Mitarbeitende und Führungskräfte also einen positiven Sinn für Humor haben, ist dies ein Indikator von gutem Teamgeist. Erleben die Mitarbeitenden in ihrer Organisation und ihrem Team eine humorvolle Haltung, so erleben sie auch ein stärkeres Familien- und Gemeinschaftsgefühl im Team. Auch die Zusammenarbeit mit der eigenen Führungskraft kann durch ein humorvolles und wertschätzendes Miteinander erleichtert werden. Humor ist damit auf jeden Fall weit mehr als ein Wohlfühlfaktor. Eine positive Humor-Kultur anzustreben und als Wert im Unternehmen zu verankern ist daher absolut empfehlenswert.
HHH: Wie kann Ihrer Ansicht nach Humor konkret in den Arbeitsalltag eingebaut werden?
Irene Pfaff: Es ist klar, dass eine humorvolle Haltung nicht auf Knopfdruck entsteht. Dennoch können Unternehmen Humor als Teil der Arbeitsplatzkultur auf verschiedene Weisen stärken.
Dabei reicht es nicht, zur Förderung von Humor beim nächsten Betriebsausflug eine Comedy-Veranstaltung zu besuchen. Wichtig sind vor allem Investitionen in den Teamgeist. Das fängt bei der Einstellung von Mitarbeitenden, die gut ins Team passen, an. Wenn Teams an einem Strang ziehen und Vertrauen zwischen den Kolleginnen und Kollegen herrscht, ist auch eine Basis für Humor gegeben. Führungskräfte können und sollten dies fördern, ohne dass sie selbst Qualitäten eines Stand up Comedian entwickeln. Sie können vielmehr als Botschafter:in in Erscheinung treten und ein authentisches, humorvolles Miteinander vorleben und unterstützen. Was wir in unseren Daten auch sehen, ist, dass gemeinsame Events wie das Feiern von Erfolgen sowie Ansätze aus dem Bereich Gamification einen positiven Aspekt auf den Spaß bei der Arbeit und das Thema Humor haben.
Ich kann jedem Unternehmen empfehlen bei der Suche nach den geeigneten Maßnahmen kreativ zu sein und dabei Authentizität sowie die Passung zur Unternehmenskultur im Blick zu behalten.
Im Herbst 2024 wird der Sonderpreis Humor gemeinsam von GPTW und HHH vergeben.
Infokasten:
Forschungsprojekt zum Thema Humor gemeinsam mit HUMOR HILFT HEILEN
Im Rahmen der Great Place to Work®-Mitarbeiterbefragungen im Herbst 2017 wurden von über 3.000 Mitarbeitenden von insgesamt 12 Organisationen aus dem Gesundheitssektor u. A. auch Fragen zum Thema Humor beantwortet. Federführend bei diesem Forschungsprojekt war Prof. Dr. Tabea Scheel von der Europa Universität Flensburg. Die Befragung zeigte einen deutlichen Zusammenhang zwischen einer positiven Unternehmenskultur (u. A. in Form allgemeiner Mitarbeitenden-Zufriedenheit) und ausgeprägter Humorkultur.